Veranstaltung: | 48. Landesparteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Themenschwerpunkt Bildung |
Status: | Beschluss |
Abstimmungsergebnis: | mehrheitlich angenommen |
Beschluss durch: | Landesparteitag |
Beschlossen am: | 06.05.2023 |
Bildung in Sachsen-Anhalt neu aufstellen – unsere Schulen für morgen gestalten
Beschlusstext
Die Bildungskrise in Sachsen-Anhalt spitzt sich seit geraumer Zeit zu.
Zahlreiche Bildungsgipfel in Bund und Ländern sind wohl neben dem akuten
Lehrkräftemangel und dem daraus folgenden Unterrichtsausfall die besten
Zeugnisse der akut schwierigen Situation. Und das ist mehr als ein statistisches
Problem oder Ausdruck von Organisationsversagen der verantwortlichen
Regierungen: Es ist individuell und gesellschaftlich eine schwere Hypothek, wenn
Bildung nicht funktioniert. Gute Bildung und gute Bildungschancen für alle sind
der Grundstein für die soziale Gerechtigkeit, für soziale Aufstiegsmöglichkeiten
und sie sind der wichtigste Motor für gesellschaftlichen Fortschritt. Ohne gute
Bildung fehlen Fachkräfte in allen Branchen. Und ohne gute Bildung fehlt die
Basis für selbstbestimmte Teilhabe und für Gestaltungskraft.
Wenn wir über gute Bildung sprechen, muss das über die Notwendigkeit der Lösung
akuter Krisen hinaus diskutiert werden. Selbstverständlich brauchen wir genug
Lehrer:innen an allen Schulformen im Land, damit Unterricht und damit Bildung
stattfindet. Aber ohne tiefgreifende Veränderungen werden unsere Schulen auch
mit mehr Lehrkräften Kinder und Jugendliche nicht auf die Herausforderungen von
morgen vorbereiten können. Ohne tiefgreifende Veränderungen werden sich
bestehende Chancenungleichheiten nicht abbauen lassen, wird die Zahl der
Jugendlichen, die Schulen ohne Abschluss verlassen, nicht sinken. Es braucht in
Sachsen-Anhalt den Mut, den aktuellen Druck, der auf der Bildung lastet, für
Veränderungen zu nutzen. So gestalten wir unsere Schulen für morgen.
Längeres gemeinsames Lernen für mehr Bildungsgerechtigkeit und individuelle
Förderung. Internationale Studien kommen regelmäßig zu dem Schluss, dass die
frühe Aufteilung von Schüler:innen an verschiedene Schulformen zu sozialen
Ungerechtigkeiten führen, beziehungsweise diese verstärken. Zudem erreichen
Länder ohne frühe Segregation in der Bildung in den PISA-Studien regelmäßig
bessere Ergebnisse, als solche mit früher Aufteilung.
Es ist also von Vorteil, das gemeinsame längere Lernen zu fördern. Das stärkt
die sehr individuellen Bildungsbiografien von dann weniger benachteiligten
Kindern. Und es ermöglicht dem Bildungssystem in Sachsen-Anhalt, Talente nicht
nur zu entdecken und auszubauen, sondern auch die Förderung auf das Kind
auszurichten. Das alles kann zu mehr Schulerfolg führen. Und mehr Schulerfolg,
weniger Schulmisserfolg und nachhaltige Hilfe bei der beruflichen Orientierung
helfen auch den Unternehmen und Arbeitgebern, die in Sachsen-Anhalt händeringend
Fachkräftenachwuchs suchen.
Für längeres gemeinsames Lernen soll:
- Die Grundschulzeit auf sechs Jahre verlängert werden. Dabei sind vor allem
in den letzten Grundschuljahren differenziert ausgebildete
Fachlehrer:innen einzusetzen, um dem spezifischeren Lehrstoff dieser
Klassenstufen gerecht zu werden. Das Grundschullehramtsstudium muss
entsprechend diesen Ansprüchen überarbeitet werden. Zur weiteren
Schullaufbahn nach der Grundschule sollen Eltern UND Schüler:innen durch
die Lehrkräfte an der Grundschule in der sechsten Klasse beraten werden.
Das im Zeugnis dokumentierte Leistungsprofil ist dabei EIN Kriterium
dieser Beratung. Diese Beratung muss weiterhin ihren empfehlenden
Charakter behalten. Eine verbindliche Schullaufbahnempfehlung lehnen wir
ab.
- Die Gemeinschaftsschule als echte Alternative gefördert werden.
Sekundarschulen und Gymnasien, die sich zu Gemeinschaftsschulen
weiterentwickeln wollen, sollen durch Anreize und konzeptionelle Beratung
auf diesem Weg unterstützt werden. Ziel muss eine „Schule für Alle“ mit
funktionierende Binnendifferenzierung und Querdurchlässigkeit der
Schullaufbahnen sein. Im Idealfall könnten durch Verbünde mit Grundschulen
Bildungscampusse entstehen, die Kinder und Jugendliche von der Einschulung
bis zu jedem möglichen Schulabschluss durchlaufen können.
Für chancengerechte Bildung in Sachsen-Anhalt müssen alle Schulformen
konzeptionell gestärkt werden. Besonders Sekundarschulen haben im Moment einen
schlechten Ruf. Nicht nur ist der Lehrer:innenmangel an dieser Schulform
besonders hoch, durch die Zusammenlegung mit der Hauptschule hat der eigentlich
„mittlere“ Bildungsweg in Sachsen-Anhalt inzwischen das Image des „geringer
qualifizierenden“ Schulzweigs. Dem ist nicht mit dem Zwang einer verbindlichen
Schullaufbahnempfehlung, sondern nur mit besonderen Anstrengungen für eine
bessere Qualität der Sekundarschulen zu begegnen.
- Bei allen Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung, Studierendenakquise und
modernen Konzepten gegen Unterrichtsausfall müssen Sekundarschulen
schwerpunktmäßig betrachtet werden. Dabei sind auch Bildungsbiografien von
Menschen, die selbst kein „klassisches“ Abitur am Gymnasium abgelegt
haben, als Ressource einzubeziehen. Lehramts-Studienplätze für Nicht-
Abiturient:innen (zum Beispiel Fachabiturient:innen oder mit dem Abitur im
zweiten Bildungsweg oder mit anderen qualifizierenden Voraussetzungen)
können für mehr Lehrkräfte sorgen, die sich auch aus eigener
Bildungserfahrung der Sekundarschule zuwenden und dort Vorbild und
Identifikationsfigur sein können. Neben der Berufsorientierung muss an
Sekundarschulen auch die Vielfalt der möglichen (Aus-)Bildungswege und -
stufen nach der Schule einen größeren Raum einnehmen. Das gilt auch
umgekehrt für Gymnasien. Hier sollte neben Informationen zum reinen
universitären Studium auch zu Ausbildungsberufen und dualen Studiengängen
verpflichtend und umfassend informiert werden.
- Die Entwicklung der Ganztags-Grundschulen muss konzeptionell begleitet
werden. Ganztag ist mehr als Schule und Hort. Ganztagsgrundschulen bieten
die Chance, formale und nicht formale, schulische und „außerschulische“
Bildung nach modernen lernpsychologischen Erkenntnissen zu rhythmisieren
(dabei könnten und sollte auch die Uhrzeit des verbindlichen
Unterrichtsbeginns neu gedacht werden – weg von organisatorischen, hin zu
Kinder-Bedürfnissen). Auch die Gestaltung von Freizeit und Erholung müssen
einen wichtigen Aspekt im Rahmen eines Ganztagsschulsystems spielen. Dabei
können Bildungschancen – vor allem im Bereich der nichtformalen Bildung –
durch fakultative Angebote von Dritten im allen zugänglichen „Raum Schule“
gerechter verteilt werden. Dazu bedarf es enger Abstimmungen und einer
gemeinsamen Struktur von Schulen und Hortträgern und einer lebendigen
Kooperation mit freien Trägern der Kinder- und Jugendarbeit, von Kultur,
Sport etc. Grundschulen sollen sich dafür auch baulich zu „Lernhäusern“
entwickeln. Das Land soll für dieses Ziel ein Konzept zum Beispiel nach
dem Vorbild des Münchener Lernhausmodells für alle Grundschulneubauten
entwickeln. Auch Familienarbeit und -bildung soll dabei eine Rolle
spielen. Auf diese Weise rücken Grundschulen auch wieder ins Zentrum von
regionaler Gesellschaft.
- Für Grundschulen ist in jeder Kommune ein „Grundschulsozialindex“ zu
entwickeln. Je nach sozialer Lage werden mehr finanzielle Mittel für
Schulen in herausfordernden Lagen eingeplant. „Ungleiches ungleich“
behandeln ist das Motto, um mehr Bildungsgerechtigkeit herzustellen. Eine
kommunale Bildungsberichterstattung ist in allen Kommunen vorzunehmen.
Der Lehrkräftemangel ist das akuteste Bildungsproblem im Moment und er wird eine
Herausforderung bleiben. Auf diese Herausforderung gibt es keine einfache
Antwort, schon gar nicht eine, die den Beruf noch unattraktiver macht. Wir
schlagen eine Vielzahl von Maßnahmen vor:
- E13/A13 sollte als Einstiegsgehalt für alle Grundschullehrkräfte SOFORT
eingeführt werden. Bisher haben wir einen Wettbewerbsnachteil gegenüber
all unseren Nachbarbundesländern, die schon seit längerem das höhere
Gehalt an ihre Grundschullehrer:innen zahlen. Sachsen-Anhalt kann es sich
nicht leisten diesen bis 2025 maximal stückchenweise abzuschmelzen.
Seiteneinsteiger:innen fördern! Durch sinnvoll strukturierte, auf den
Berufsalltag als Lehrkraft im Seiteneinstieg zugeschnittene Qualifikation
soll es ihnen ermöglicht werden, bei Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten
Gleichstellung zu den Lehrkräften zu erlangen, die ein Lehramtsstudium
absolviert haben. Auch Seiteneinsteiger:innen auf Zeit müssen besser
betreut und bezahlt werden.
- Sonderzuschläge auf das Gehalt von Lehrkräften, wenn diese sich
entscheiden, in bestimmten Mangelfächern, Regionen oder Schulformen zu
unterrichten oder bestimmte Integrations- und Vielfaltskompetenzen
aufweisen. Damit kann eine Lenkungswirkung in genau die Bereiche erreicht
werden, in denen der Lehrkräftebedarf am größten ist. Bisher wartet das
Land Sachsen-Anhalt ein bis zwei Ausschreibungen, bis die leer gebliebenen
Lehrkräftestellen mit Zuschlägen versehen werden. Wir plädieren dafür,
dass die Sonderzuschläge von Anfang an für die Bereiche gewährt werden, in
denen einen Mangel besteht.
- Die sinnvolle Integration von Verwaltungspersonal,
Schulsozialarbeiter:innen, pädagogischen Fachkräften und
Digitalassistent:innen in den Schulalltag, um Lehrkräfte von Aufgaben zu
entlasten, die nichts mit dem Unterrichten zu tun haben.
- Die Ausbildung von Lehrkräften in Sachsen-Anhalt soll gestärkt werden.
Dazu müssen die vorhandenen Potenziale an beiden Universitäten unseres
Bundeslandes vollständig genutzt und nicht wie bisher auf einen Standort
begrenzt werden. Ein Weg kann die duale Lehrkräfteausbildung sein, durch
die die Praxisanteile im Lehramtsstudium erhöht werden und Studierende
schneller an konkrete Schulen im Land gebunden werden können. Außerdem ist
es sinnvoll, das Lehramtsstudium für die unterschiedlichen Schulformen in
ein schulstufen-bezogenes Lehramtsstudium umzuwandeln. Angehende
Lehrkräfte würden dann nicht mehr speziell für das Gymnasium, die
Sekundarschule oder Grundschule ausgebildet sein, sondern das
Lehramtsstudium könnte sich in die Primärstufe, Sekundarstufe I und
Sekundarstufe II gliedern. Und: Die Zugangsvoraussetzungen für das
Lehramtsstudium gehören auf den Prüfstand. Ein Numerus Clausus ist kein
qualifiziertes Kriterium, um zu erkennen, wer für die
Lehrer:innenausbildung geeignet ist. Wir begrüßen den Vorschlag der
Landesregierung einen dualen Lehramtsstudiengang an der OvGU einzuführen
und ermutigen darüber hinaus zur Durchführung des Pilotprojekts dualem
Lehramtsstudium auch "ohne klassisches Abitur" an der Hochschule Anhalt.
Ebenfalls sollte das Ein-Fach-Lehramt, oft auch Doppelfach-Lehramt
genannt, für die Fächer Kunst, Musik und Sport in Sachsen-Anhalt als
zusätzliches Angebot zum bisherigen Lehramtsstudium eingeführt werden.
Etwa zehn Prozent aller Schüler:innen in Sachsen-Anhalt besuchen eine freie
Schule. Damit sind die Schulen in freier Trägerschaft ein wichtiger Akteur und
müssen Partner unseres Landes im Kampf um bessere Bildung sein. Deshalb dürfen
sie nicht länger finanziell schlechter gestellt werden. Das Land sollte sich
nicht erst durch Gerichtsurteile zwingen lassen, freie Schulen
auskömmlich zu finanzieren, sondern partnerschaftlich und wertschätzend im
Umgang, ihre Leistungen angemessen vergüten. Schulen in freier Trägerschaft
sollten einen gleichberechtigten Zugriff auf Förderungen und Finanzierungen
durch Land, Bund und die EU erhalten.
Schulsozialarbeit ist ein wichtiger Baustein zur Sicherung von Schulerfolg und
Teilhabe, zum Abbau von Bildungsungerechtigkeit und für die Bewältigung von
Krisensituationen. Schulsozialarbeit funktioniert, wenn sie Stabilität und
Verlässlichkeit bietet. Dafür braucht es einen ebenfalls stabilen und
verlässlichen Rahmen. Wir fordern deshalb ein Landesprogramm Schulsozialarbeit,
das
- unter Beachtung des Grundschulsozialindexes an jeder allgemeinbildenden
Schule in Sachsen-Anhalt mindestens eine:n Schulsozialarbeiter:in sichert.
- nach dem Vorbild des sächsischen Landesprogrammes schulgesetzlich
verankert die Schulsozialarbeit finanziert. Das Land soll dabei 80 Prozent
der Kosten übernehmen, die restlichen 20 Prozent entfallen auf den
Schulträger.
Die Digitalisierung ist mehr als das im Moment omnipräsente Schlagwort. In ihr
stecken auch für die Bildung mehr Chancen und Potentiale als Herausforderungen.
Und es ist unerlässlich JETZT auch auf digitale Bildung zu setzen, wenn unsere
Schüler:innen in der zukünftigen, immer digitalisierteren Welt bestehen können
sollen.
In der Coronapandemie haben sich, auch wenn viele Schüler:innen in Sachsen-
Anhalt davon nicht profitieren konnten, die Möglichkeiten digitaler
Lernplattformen für alle gezeigt. Von Videokonferenzen über onlinebasierte
Studiengänge bis hin zu Handy-Apps – digitale Anwendungen können Bildung nicht
nur in einen anderen Lernraum führen, sie können auch die Art des Lernens, die
Orte des Lernens und die Zeiten des Lernens verändern. Nur, wenn wir die darin
liegenden Chancen aufgreifen, werden Schüler:innen aus Sachsen-Anhalt ganz vorn
dabei sein können, wenn es um die Bildung für morgen geht.
- Digitalassistent:innen sollen an allen Schulformen Lehrkräfte von der
Administrierung der Hardware entlasten, beraten und weiterbilden. Die
Administration von Geräten muss dabei vom Land verbindlich und
rechtssicher geregelt sein.
- Informatische Bildung, bzw. Informatik als Pflichtfach ab Sekundarstufe I
ist auch für Sachsen-Anhalt als Leitfach der digitalen Bildung
einzuführen, um Schüler:innen zu kreativem Umgang mit der digitalen Welt
zu befähigen, Medienkompetenz zu stärken und ihnen die entsprechenden
beruflichen Perspektiven zu eröffnen.
- E-Learning-Tools müssen in der Zusammenstellung der Lehrmittel und bei der
Entwicklung von Curricula und Unterrichtsinhalten gleichberechtigt
betrachtet werden. Sie sind ein wichtiger Baustein für digitale Bildung.
- Digitale Bildung ist auch selbstbestimmtere Bildung, Schüler:innen sollen
schwerpunktmäßig das Selbstlernen erlernen.
- Die digitale Kompetenz und die Digitalvermittlungskompetenz von Lehrenden
muss fester Bestandteil der Lehramtsausbildung sein. Für Bestandspersonal
sind Fortbildungen im Umgang mit digitalen Lehrkomponenten unerlässlich.
- Die Pandemie hat auch Kinder in den Blick gerückt, für die ein normaler
Schulbesuch wenig oder nur unter großer Gefahr möglich ist. Für diese
gefährdeten oder kranken Kinder war das Distanzlernen ebenso eine Chance
auf sicheren Unterricht, wie es für deutsche Kinder im Ausland oder Kinder
von Schaustellerfamilien eine Chance auf kontinuierlichen Unterricht sein
kann. Auch hier bieten sich mit digitalen Plattformen gute Möglichkeiten.
Langfristig soll Sachsen-Anhalt, gemeinsam mit den anderen Bundesländern,
eine Digitale Schule entwickeln und errichten, die von der ersten Klasse
bis zum mittleren Schulabschluss geregelten Online-Unterricht für alle
Kinder bietet, die begründbar nicht an „klassischem Schulunterricht“
teilnehmen können. Ebenso kann eine solche Digitale Schule ersatzweise
Unterricht bieten, wenn Kinder zum Beispiel im Krankenhaus oder während
eines Kuraufenthaltes nicht zur Schule gehen können.
Schülerinnen und Schüler verbringen nicht nur einen großen Teil des Tages,
sondern auch viel Lebenszeit in der Schule. Zum Glück sind Schulen heute nicht
mehr die Paukanstalten früherer Jahrhunderte. Schule ist heute ein Lebensort.
Das gilt auch für Lehrer:innen, Schulpersonal und Familien. Schulen als Orte des
Zusammenlebens sind auch Probier- und Lernorte für Demokratie und Gesellschaft.
Sie müssen angstfreie Räume für alle sein und Platz bieten für
Persönlichkeitsentwicklung auch jenseits der formalen schulischen Bildung.
- Dafür muss sich an Schulen die Vielfalt unserer Gesellschaft
widerspiegeln. Diskriminierungssensibel sollen sie Orte sein, an denen
Menschenfeindlichkeit keinen Platz hat. Die Stärkung der Kompetenzen von
bereits ausgebildeten und angehenden Lehrer:innen in den Bereichen
Kultursensibilität und Geschlechtervielfalt ist dabei ebenso wichtig, wie
der Einsatz mobiler Beratungsteams, besonders für die ländlichen Räume.
- Im Landesschulamt soll eine Anti-Bias-Stelle alle Lehr- und Lernmittel auf
diskriminierende Darstellungen untersuchen. Es fördert den
gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn in Sachsen-Anhalt Klischees und
Vorurteile nicht reproduziert werden, und stattdessen nur
diskriminierungsfreie Lernmaterialien zum Einsatz kommen.
- Spracherwerb ist der Schlüssel zur Integration. Deshalb sollen DAZ-
Lehrkräfte regelhaft an allen Schulen Kinder unterstützen, deren
Muttersprache nicht Deutsch ist. Des Weiteren sollen alle Lehrkräfte
regelhaft an allen Schulen im Umgang mit lebensweltlicher Mehrsprachigkeit
fortgebildet werden. Der Raum für den Einbezug von Mehrsprachigkeit in den
Unterricht sollte geöffnet werden. Das Land sollte Unterrichtsangebote für
Herkunftssprachen schaffen und diese nicht an ehrenamtliche Strukturen
auslagern.
Das bestehende Bewertungssystem mit Noten wird von der Wissenschaft als oft
nicht objektiv kritisiert. Es bildet individuelle Lern- und Entwicklungsschritte
unzureichend ab und gibt in der Bewertung zu oft eher Talent und körperliche
Voraussetzungen wieder. Zudem kann es, wie auch für Erfolgserlebnisse, Anlass
für starkes Erleben von Misserfolgen oder Demütigung bis hin zum Mobbing zur
Folge haben. Deshalb gehört das bestehende Notensystem auf den Prüfstand! Wenn
Schule der Zukunft sich an den Erkenntnissen von Bildungswissenschaften
orientiert, müssen auch Erkenntnisse zu Bewertungssystemen für diese Schule
gelten.
Für das Fach Sport wollen wir außerdem:
- Mehr Umkleidekabinen:
- Mindestens eine zusätzliche Umkleidekabine, die für trans*, inter*
und nichtbinäre Menschen zur Verfügung steht, im Falle, dass diese
sie benutzen wollen.
- Mindestens eine zusätzliche Umkleidekabine, die für trans*, inter*
- Keine Trennung!
- Wir lehnen eine Trennung in binäre Geschlechter während des
Sportunterrichts ab,fordern aber auch Safer Spaces für FLINTA* und
kritische Diskussionsräume zu Diversität, Körperlichkeit und
Sexismus, welche für alle Schüler*innen verpflichtend sind. Außerdem
müssen Lehrkräfte besser für den Umgang mit verändernder
Körperlichkeit sowie diversen Körpern geschult werden.
- Wir lehnen eine Trennung in binäre Geschlechter während des
- Angstfreie Schulen sind Mobbing-freie Schulen. Wir wollen, dass das Land
den Einsatz gegen Mobbing verstärkt und Anti-Mobbing-Initiativen an
Schulen unterstützt und fördert.
- Schulen sollen Probier- und Erlebnisraum für Demokratie sein. Wer schon in
jungen Jahren demokratische Teilhabe und Selbstwirksamkeit erlebt, ist
später weniger empfänglich für Populismus und Hetze. Für Demokratie
begeistern gelingt am besten im Tun. Deshalb soll die Vermittlung von
Demokratieverständnis fächerübergreifendes Prinzip an unseren Schulen
sein. Schüler:innen sollen gefragt werden und mitbestimmen können.
Wirklich und wirksam. Ein Schritt dazu ist die Einführung der
Drittelparität in den Schulkonferenzen. Das Schulnetzwerk „Schule ohne
Rassismus – Schule mit Courage“ ist eine in Sachsen-Anhalt breit getragene
Struktur mit zahlreichen Projekten zur Demokratieförderung. Es ist
notwendig die das Netzwerk koordinierenden Strukturen dem immer
weiterwachsenden Netz anzupassen.
- Schule als Orte, die Gesellschaft abbilden, bedeutet auch „Schule für
Alle“ sein. Das in Sachsen-Anhalt fest etablierte und kaum hinterfragte
Förderschulsystem verhindert aber Inklusion. Das ist besonders
problematisch, da die UN-Behindertenrechtskonvention uns, auch in Sachsen-
Anhalt, zu inklusiver Bildung und Teilhabe verpflichtet. Für die
überdurchschnittlich hohe Zahl von Förderschüler:innen mit dem
Förderschwerpunkt „Lernen“ oder „Geistige Entwicklung“ in Sachsen-Anhalt
gibt es noch keine gute Erklärung. Sie ist aber bedenklich, zumal dort
keine Schulabschlüsse erworben werden können. Selbstverständlich braucht
es für gelingende Inklusion an Regelschulen konsequente strukturelle
Veränderungen. Besondere Förderung und Betreuung sind aber auch dort
möglich, wenn die bisher an den Förderschulen tätigen Fachkräfte gemeinsam
mit den Schüler:innen ins Regelschulsystem wechseln. Frühförderstätten und
Förderzentren kommt auch bei gelebter Inklusion ein hoher Stellenwert zu.
Auch baulich müssen unsere Schulen für inklusive Beschulung fit gemacht werden.
Im Landesschulbauprogramm müssen entsprechende Standards für Neu-, Aus- und
Umbau und Renovierung verankert werden.
- Nachhaltige Entwicklung muss fächerübergreifendes Lehrziel sein.
Grundschulen sollen dafür grundsätzlich einen eigenen Schulgarten oder
Zugang zu einem Schulgarten haben.
- Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss ein fächerübergreifendes
Lehrziel sein. Schulen sollten Zugang zu langfristigen Projektflächen
erhalten, die sich an dem Bedarf der Schule orientieren und die
Möglichkeit eröffnen BNE praktisch zu erleben. Dies kann zum Beispiel ein
Schulgarten, eigene Energieprojekte oder ein Wildnis-Biotope sein.
Schulische Ausbildungen sollen in Sachsen-Anhalt grundsätzlich schulgeldfrei
angeboten werden. Das Land soll sich für die höhere Attraktivität dieser
Ausbildungsberufe für Ausbildungsentgelte einsetzen.